Die Verzweiflung wegen unerfüllter Liebe neben der Faszination an diabolischer Leidenschaft – zwei sehr unterschiedliche Vorlagen von Goethe interpretieren Brahms und Liszt düster, aber mit hoffnungsvollem Blick in die Zukunft.
Eine eisige Gebirgslandschaft, in die ein Wanderer in verzweifelter Haltlosigkeit blickt, voller Liebesschmerz und fern von allen Menschen, für die er nur noch Verachtung empfindet. Mit den Worten „Aber abseits wer ist’s?“ beginnt Brahms die Alt-Rhapsodie, in welcher er drei Strophen aus Goethes Harzreise im Winter vertont. Die Vermutung liegt nahe, dass Brahms darin seine nie ausgesprochene Liebe zu Clara Schumanns Tochter Julie verarbeitet. Anlass ist deren Hochzeit mit einem italienischen Grafen 1869. Die entsprechend düstere Stimmung löst sich am Ende der Rhapsodie in einen Trost spendenden Choral auf, der neben der Altstimme anrührend schön erklingt.
Neben dem Männerchor des Nationaltheaters Mannheim konnte die international gefeierte Mezzosopranistin Gerhild Romberger für das 7. Akademiekonzert gewonnen werden. Der Abend ist ganz Johann Wolfgang von Goethe gewidmet: Die Faust-Symphonie von Franz Liszt wird 1857 anlässlich der Einweihung des Goethe-und-Schiller-Denkmals in Weimar uraufgeführt. Die Vorlage des Fausts lernt der Komponist erstmals in Paris und somit im Licht der französischen Romantik kennen. So erzählt die Symphonie keine Handlung, sondern zeichnet drei Charakterbilder: von Faust, Gretchen und Mephistopheles. Fausts innere Zerrissenheit zwischen vergeblichem Wissensdurst und ungestümer Leidenschaft kontrastiert zu Gretchens sanfter und schlichter Unschuld. Mephistopheles dagegen wird durch die Verzerrung von Fausts Charakterbild in ironisch-grotesker Weise dargestellt. Erst nachträglich fügt Liszt Männerchor und Solotenor hinzu, die mit Versen aus Faust II den Triumph der Weiblichkeit in einer strahlenden Apotheose besingen, getreu dem Ideal der Romantik: „Das Ewig-Weibliche / Zieht uns hinan.“