Anspruchsvolle Virtuosität im Wechsel mit zarter Intimität zeichnet Tschaikowskis Violinkonzert aus. Viele Jahrzehnte später komponiert Schostakowitsch unter dem Druck von Stalins erbarmungsloser Kulturpolitik seine fünfte Symphonie.
Bereits wenige Monate nach seiner Heirat zieht sich Tschaikowski im Frühjahr 1878 auf ein Gut am Genfer See zurück, um Abstand von seiner Frau zu suchen. Sollte die Ehe mit Antonina Iwanowna Miljukowa in Wahrheit nur seine Homosexualität verbergen? In der Schweiz erholt er sich von seinem Nervenzusammenbruch und komponiert mit frischer Energie ein Violinkonzert. Dieses wird nicht ohne Vorbehalte aufgenommen – der Geiger Leopold Auer, der für die Uraufführung vorgesehen war, hält das Werk wegen seiner technischen Herausforderungen für „unspielbar“. Erst im Dezember 1881 erfolgt die Uraufführung in Wien. Heute zählt das Werk zu den meistgespielten Violinkonzerten. Man darf gespannt sein auf Sarah Christian, die bereits 2019 bei einer Kammerakademie das Mannheimer Publikum mit präziser Technik und zartem Klang begeistert hat.
Unter weitaus schwierigeren Umständen entsteht Schostakowitschs fünfte Symphonie: In der Zeit der „Großen Säuberung“ 1936 erscheint in der Zeitung Prawda ein vermutlich von Stalin selbst veranlasster Artikel, in dem die Oper Lady Macbeth von Mzensk scharf kritisiert wird. Daraufhin werden alle Aufführungen von den Spielplänen genommen. Schostakowitsch ist plötzlich zum Volksfeind geworden und fortan begleitet ihn die Angst vor Verfolgung und Verhaftung. Unter diesen Umständen präsentiert er 1937 seine fünfte Symphonie als „Antwort eines sowjetischen Künstlers auf gerechte Kritik“ – mit durchschlagendem Erfolg. Hitzige Diskussionen beschäftigen die Nachwelt, inwiefern Schostakowitsch nur vermeintlich der geforderten „sowjetischen“ Ästhetik folgt und in Wahrheit doppeldeutig kritisch und revolutionär komponiert. Unumstritten ist jedoch die Faszination, die dieses intensive und bildgewaltige Werk noch heute ausübt.