Mezzosopranistin Gerhild Romberger ist für das 7. Akademiekonzert am 26. und 27. Mai 2025 bei uns zu Gast in Mannheim und singt die Alt-Rhapsodie von Johannes Brahms. Wir haben ihr vor den Proben drei Fragen zum Werk und ihrer Spezialisierung im Konzertgesang gestellt.
© Rosa Frank
Sie werden in unserem Konzert die Alt-Rhapsodie von Brahms singen – ein Werk, in dem Goethes Gedicht Harzreise im Winter musikalisch umgesetzt wird. Wie gelingt es Brahms, die Stimmung von Goethes Gedicht in seine Komposition zu übertragen?

Brahms hat eine einzigartige Fähigkeit, Text in Musik zu verwandeln, und das zeigt sich in der Alt-Rhapsodie ganz besonders. Die dunkle, suchende Stimmung von Goethes Versen spiegelt sich in der tiefen, oft melancholischen Orchesterfarbe wider. Die chromatische Harmonik, die drängenden Linien und die sehnsuchtsvollen Wendungen der Singstimme machen die innere Zerrissenheit der lyrischen Figur spürbar. Erst mit dem Einsatz des Chores verwandelt sich diese Einsamkeit in eine Art Trost – ein wunderschönes Beispiel für Brahms’ feines Gespür für emotionale Tiefe.

Sehen Sie in diesem Werk besondere Herausforderungen – sei es vokal, interpretatorisch oder emotional?

Ja, die Alt-Rhapsodie ist ein Werk, das von der Sängerin große Ausdruckskraft und gestalterische Sensibilität verlangt. Vokal ist es herausfordernd, die langen, fließenden Linien mit der nötigen Tragfähigkeit zu gestalten, ohne dass die Intensität darunter leidet. Interpretatorisch ist die Balance zwischen innerer Verzweiflung und der späteren hoffnungsvollen Wendung eine spannende Aufgabe. Emotional ist das Werk besonders berührend, weil es so tief in die Seelenlandschaft eines verzweifelten Menschen eintaucht – und genau das macht es für mich so faszinierend.

Sie haben sich auf den Konzertgesang vom Barock bis hin zu zeitgenössischer Musik spezialisiert. Was hat Sie an dieser Ausdrucksform besonders gereizt, und welche künstlerischen Freiheiten oder Herausforderungen sehen Sie darin im Vergleich zur Oper?

Der Konzertgesang bietet mir eine ganz besondere künstlerische Freiheit. Während die Oper stark durch szenische Vorgaben geprägt ist, liegt im Konzert die gesamte Ausdruckskraft in der Musik und im Text selbst. Das erfordert eine andere Art der Gestaltung – alles muss über die Stimme, die Phrasierung, die Klangfarben vermittelt werden. Gleichzeitig empfinde ich die enge Verbindung zum Orchester oder Ensemble als etwas sehr Besonderes. Im Konzertgesang geht es oft um eine tiefere, unmittelbarere musikalische Kommunikation, und diese Vielseitigkeit, von Barock bis zur Moderne, empfinde ich als große Bereicherung.

Brahms und Liszt im Akademiekonzert
Am 26. und 27. Mai 2025 laden GMD Roberto Rizzi Brignoli und das Nationaltheater-Orchester Mannheim zum 7. Akademiekonzert – und bringen dabei Musik und Literatur in einen besonderen Dialog: Schauspielerin Ragna Pitoll wird mit Auszügen aus Goethes Trilogie der Leidenschaft einen literarischen Akzent setzen, der den geistigen Raum der romantischen Epoche auf eindrucksvolle Weise erweitert.

Goethes Texte fügen sich inhaltlich in ein Programm, das zentrale Themen der Romantik aufgreift: Brahms’ Alt-Rhapsodie, basierend auf einem Vers aus Goethes Harzreise im Winter, ist ein eindringliches Klangbild existenzieller Vereinsamung und innerer Zerrissenheit. Die Altpartie, gesungen von Mezzosopranistin Gerhild Romberger, verleiht dieser seelischen Not eine unmittelbare, klanglich geerdete Stimme. Sie scheint stellvertretend für einen Menschen zu sprechen, der sich von der Welt entfremdet hat – ein Motiv, das in Goethes Lyrik ebenso anklingt wie in Brahms’ expressiver Tonsprache.

Liszts Faust-Symphonie entfaltet in drei Charakterbildern – Faust, Gretchen und Mephistopheles – eine psychologische Dramaturgie, die Goethes Figuren musikalisch interpretiert und ihre inneren Konflikte erlebbar macht. Der zweite Satz zeichnet das Porträt Gretchens in sanfter, gesanglicher Lyrik und lässt ihre emotionale Tiefe sowie ihre innere Reinheit durchscheinen. Der dritte Satz stellt einen scharfen Kontrast dar: Mephistopheles greift Fausts Themen auf, verzerrt sie jedoch durch eine ironische, zerrüttete Klangsprache. Im abschließenden Epilog übernimmt Christopher Diffey den Tenorpart.

Das 4. Akademiekonzert am 20. & 21. Januar 2025 zeigt die Bandbreite orchestraler Ausdrucksmöglichkeiten exemplarisch auf: Im Fokus stehen Johannes Brahms’ Symphonie Nr. 2 und Frank Martins Konzert für sieben Blasinstrumente, Pauken, Schlagzeug und Streicher – zwei Werke, die durch ihre kompositorische Raffinesse und klangliche Vielfalt faszinieren.


© Benjamin Ealovega                      
Eröffnet wird das Konzert mit Robert Schumanns Ouvertüre aus Genoveva, einem selten aufgeführten Werk, das dramatische Impulse und lyrische Passagen eindrucksvoll miteinander verbindet. Einen spannenden Kontrast dazu bildet Frank Martins Konzert für sieben Blasinstrumente, Pauken, Schlagzeug und Streicher. Das Werk beeindruckt mit seiner rhythmischen Vielschichtigkeit und stellt höchste Ansprüche an die orchestereigenen Solistinnen und Solisten, deren virtuose Interpretation wesentlich zur klanglichen und strukturellen Präzision des Stückes beiträgt.

Brahms’ 2. Symphonie in D-Dur gilt als Paradebeispiel für die organische Verbindung von motivischer Arbeit und formaler Klarheit. Besonders auffällig ist der stets zwischen Melancholie und Optimismus mäandernder Grundton des Werks, der sich von der pastoralen Atmosphäre des ersten Satzes bis zur triumphalen Coda im Finale entfaltet. Die subtilen Übergänge zwischen den Satzteilen und die meisterhafte Verarbeitung der musikalischen Themen laden ein, die polyphone Struktur und die motivische Entwicklung aus der Nähe zu betrachten.

4. Akademiekonzert 2024/25 
Rosengarten Mannheim, Mozartsaal 
Montag, 20. und Dienstag, 21. Januar 2025 
20 Uhr, Einlass 19:00 Uhr 
Einführungsveranstaltung 19:15 Uhr 

Pablo González 
Dirigent 

Nationaltheater-Orchester Mannheim 

Programm 
Robert Schumann (1810—1856) 
Ouvertüre aus Genoveva 

Frank Martin (1890—1974) 
Concerto für 7 Blasinstrumente, Pauken, Schlagzeug und Streichorchester 

Johannes Brahms (1833—1897) 
Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 73
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